Darf ein katholischer Chefarzt gekündigt werden, weil er nach der Scheidung nochmal heiratet?


Im Folgenden möchten Sie die Kündigungsschutzanwälte Seume & Kollegen in Bürogemeinschaft über die Frage informieren, ob ein katholischer Chefarzt gekündigt werden kann, weil er nach der Scheidung nochmal heiratet. Mit dieser Frage hatte sich erneut das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst (Beschluss des BAG vom 28.07.2016, Az.: 2 AZR 746/14).

Der Kläger war ein katholischer Chefarzt in einem katholischen Krankenhaus. Die Beklagte ist die Trägerin mehrerer Krankenhäuser und institutionell mit der römische-katholischen Kirche verbunden. Dem Dienstvertrag lag eine so genannte „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 23. September 1993“ zugrunde, welche vom Erzbischof von Köln erlassen worden war. Danach war der Abschluss einer gemäß dem Glaubensverständnis sowie der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe ein schwerer Rechtsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen konnte. Eine Weiterbeschäftigung war grundsätzlich ausgeschlossen, wenn dieser Verstoß von einem leitenden Mitarbeiter begangen wurde, wozu nach dem kirchlichen Recht auch Chefärzte zählen.

In dem konkreten Fall hatte sich der Chefarzt von seiner ersten Ehefrau scheiden lassen und nach der Scheidung im Jahr 2008 ein zweites Mal standesamtlich geheiratet. Als die Beklagte hiervon erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Dagegen hat der Chefarzt wiederum eine Kündigungsschutzklage eingelegt. Nach seiner Meinung konnte es nicht angehen, dass seine erneute Eheschließung eine Kündigung rechtfertigen sollte. Schließlich bleibe bei evangelischen Chefärzten eine Wiederheirat ohne arbeitsrechtliche Folgen.

Zunächst hatte der Chefarzt vor dem Arbeitsgericht, dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf und dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 08.09.2011, Az.: 2 AZR 543/10) mit seiner Kündigungsschutzklage Erfolg. Doch dann wandte sich die Beklagte an das Bundesverfassungsgericht. Dieses hob das Urteil des Bundesarbeitsgerichts auf (Beschluss vom 22.10.2014, Az.: 2 BvR 661/12). Das Bundesverfassungsgericht meinte, die staatlichen Gerichte dürfen sich nicht über das kirchliche Selbstverständnis hinwegsetzen, solange dieses nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen steht. Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand eines Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richte sich allein nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben und dem konkreten Inhalt des Arbeitsvertrages. Daher wies das Bundesverfassungsgericht die Sache an das Bundesarbeitsgericht zurück.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun beschlossen, den Gerichtshof der Europäischen Union um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung einer bestimmten Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zu ersuchen. Das Bundesarbeitsgericht möchte nämlich wissen, ob die Kirchen nach dem Unionsrecht bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung – wie hier dem Chefarzt – gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten unterscheiden dürfen zwischen Arbeitnehmern, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören.

Die Frage, ob dem Chefarzt in diesem Fall nun rechtmäßig gekündigt worden ist oder nicht, ist also nach wie vor nicht endgültig entschieden. Insbesondere muss hier die Antwort des Gerichtshofes der Europäischen Union abgewartet werden.

Wenn Sie Fragen rund um das Thema Kündigunsschutz haben, helfen Ihnen die Kündigungsschutzanwälte Seume & Kollegen in Bürogemeinschaft gerne weiter. Rufen Sie uns einfach an unter der Nummer 040 78801830.